
Wir sind alle Träger unterschiedlichen Wissens, sind uns aber der Bedeutung mancher Wissensformen für unsere Lebens- und Arbeitswelt kaum bewusst. Unser Körper sammelt und nutzt Erfahrungswissen, das er sich einverleibt.
Wissen entsteht aus dem fortlaufenden Zusammenspiel von Sinneswahrnehmungen, Denken und Tun. Von Geburt an sammelt unser Körper Gerüche, Klänge, Bilder und Berührungen und verinnerlicht sie. Hierdurch bereichern wir kontinuierlich unsere Erfahrungen und erweitern unser Wissen – all das geschieht meist unbewusst.
Um von der Wahrnehmung zum Können zu gelangen, müssen wir Bewegungsabläufe und Sinneswahrnehmungen üben. Manches davon fällt uns leicht, anderes fordert uns heraus. Im Wiederholen verbessert sich das Gelernte und prägt sich ein. Dieses Wissen ist entsprechend im Körper verankert – es ist inkorporiert.
Das Fahrradfahren erlernen wir nicht mittel seines Buches: Gleichgewichts- und Koordinationssinne sind erst herausgefordert, wenn wir auf dem Fahrrad sitzen und uns fortbewegen wollen.
Implizites Wissen
Indivuelles Erfahrungswissen wächst mit solcher Selbstverständlichkeit, dass wir dessen als Wissensform kaum gewahr werden. Wir nennen es entsprechend implizites Wissen. Um diese Form des Wissens miteinander zu teilen und von einander zu lernen, muss man Könnerinnen in ihrem Tun genau beobachten. Im Nachahmen und steten Wiederholen gelangen wir zu der flüssigen Bewegung, die Könner auszeichnet. Über direkte Fragen lässt sich das selbstverständliche Können expliziter fassen.
Auch Handwerkswissen, inkorporiert in der Könnerin und sichtbar in geschaffenen Objekten, erneuert sich beständig, um neue Anforderungen und Herausforderungen aufzunehmen.
Um mehr und spezifischeres Wissen zu sammeln und zu erhalten, lagern wir es in Wissensspeichern, von gedruckten Anleitungen und Büchern bis zu Festplatten oder Microchips. Mancher gespeicherte Wissensstand ist überholt; so entspricht das Bild der Welt in der Enzyklopädie des 18. Jahrhunderts nicht mehr der Gegenwart.
„Unser Körper ist das grundlegende Instrument, über das wir sämtliche intellektuellen oder praktischen Kenntnisse von der äußeren Welt gewinnen.“
Michael Polanyi, Chemiker und Philosoph, 1891-1976