Objekte & Texte

Wissen entsteht aus dem fortlaufenden Zusammenspiel von Sinneswahrnehmungen, Denken und Tun. Von Geburt an sammeln wir Gerüche, Klänge, Bilder und Berührungen. Im sinnlichen Wahrnehmen bereichern wir kontinuierlich unseren Schatz an Eindrücken und verbinden diese zu Erfahrungen. Im Miteinander von Sinneswahrnehmung und Gehirn lernt unser Körper beständig Neues. Um von der Wahrnehmung zum Können zu gelangen, müssen wir üben. Manches davon fällt uns leicht, anderes fordert uns heraus. Im Wiederholen verbessert sich das Gelernte und prägt sich in uns ein.

Um beständig mehr und spezifischeres Wissen zu sammeln und zu erhalten, lagern wir es in Wissensspeichern, wie Anleitungen, Büchern, Festplatten oder Microchips. Mancher gespeicherte Wissensstand ist überholt; so entspricht das Bild der Welt in der Enzyklopädie des 18. Jahrhunderts nicht mehr der Gegenwart.

Die Ausstellung gliedert sich in zwei Räume: Im „Erlebnisraum“ des 1309/1310 erbauten Fachwerkhauses erläutert eine Setzkastenwand über unterschiedliche Objekte, wie wir Wissen erwerben und speichern. Eine eigens für die Ausstellung gebaute Orgel mit 13 Tönen vermittelt, welches Technik-, Material- und Klangwissen ein Orgelbauer benötigt, um eine solche Königin der Instrumente zu bauen. Über eine Toninstallation erklären Bauhandwerker, die an der Restaurierung des Hauses beteiligt waren, was ihnen eine über 700 Jahre alte Wand über das Wissen und Können mittelalterlicher Handwerker verrät.

Texte und Filme erläutern im „Wissensraum“, einem modernen Anbau an das Fachwerkhaus, wie Menschen durch händische Praxis, Zeit, Leidenschaft und Übung zu Könnerinnen und Könnern werden. Mit Erfahrung erwächst die Problemlösungskompetenz. Diese ist wiederum zentrale Voraussetzung für Innovationen im Handwerk. Drei handwerkliche Innovationen verdeutlichen diesen Prozess exemplarisch.

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Gehirn

Das zentrale Nervensystem des Menschen verarbeitet Sinneswahrnehmungen. Es speichert Informationen und koordiniert unsere Verhaltensweisen

Gehirnmodell, 15-teilig, mit farbiger Markierung der Rindenfelder (Somso-Plast, Fa. Somso, 1980er Jahre) Herkunft: Anatomie/Emryologie der Georg-August-Universität Göttingen

Noten

Die Notenschrift ist ein eigener Code. Damit speichern wir den flüchtigen Klang von Melodien und musikalischen Arrangements. Mithilfe des oft über Jahre hinweg angeeigneten Körperwissens verwandeln wir die Notenschrift mit Stimme oder Musikinstrumenten wieder in Klang.

Notendoppelblatt, Beilage aus einem Jahrgang des „Journal De Demoiselles“ Paris 1863. Herkunft: Musikwissenschaftliches Seminar der Universität Göttingen

Augen

Der Sehsinn galt lange Zeit als der objektivste unter den Sinnen. Er verarbeitet aber Informationen zu Gestalt, Distanz, Bewegung, Farbe und Beschaffenheit im Zusammenspiel mit allen anderen Sinnen.

ca. 5fach vergrößert (Somso-Plast, Fa. Somso, 1980er Jahre) Herkunft: Anatomie/Emryologie der Georg-August-Universität Göttingen

Anleitung

Eine Anleitung beschreibt Arbeitsschritte, die für einen bestimmten Herstellungsprozess erforderlich sind. Eine Anleitung zu formulieren bedeutet, diesen Arbeitsprozess vom Ergebnis her zu verstehen. Ohne Erfahrungswissen bleibt die gedruckte Anleitung Theorie.

Reparaturanleitung Mercedes Diesel, Serie 115, 1968 bis 1975, Handbuch für die komplette Fahrzeugtechnik. Herkunft: Privatbesitz

Computerfestplatte

Dieses magnetische Medium speichert auf der Oberfläche einer rotierenden Scheibe oder eines festen Speichers Daten, die als Nullen und Einsen kodiert sind.

Hightrack HT 40, Festplattenspeicher 8“, Kapazität (unformatiert): 40 MB, 1979. Herkunft: Rechnermuseum der Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen

Skizze

Eine Skizze ist ein Versuch, eine Idee darzustellen. Implizites Wissen wird expliziert. Skizzen kommen in allen Bereichen vor, von der bildenden Kunst bis zur Vermessungstechnik, vom Modedesign bis zur Gartengestaltung.

Erste Konstruktionsskizze für die Präsentationsorgel in dieser Ausstellung, (Bleistift auf Sperrholz, 2018). Skizziert von Michael Biel, Orgelbaumeister bei der Meisterwerkstatt für Orgelbau, Markus Krawinkel. Herkunft: Privatbesitz

Zeichnung auf Papier

Facsimile, undatiert (ca. 1651 – 1800), Zeichner unbekannt „Nichts als Kohle und Übung – kein Tag ohne Linie“ Herkunft: Kunstsammlung der Georg-August-Universität Göttingen

Modell

Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit. Die Vereinfachung kann sinnlich wahrnehmbare Gegenstände oder Wirkungszusammenhänge betreffen. Sie dient der Veranschaulichung komplexer Wissensbestände. Wenn man das Modell mit den Händen befühlt, begreift man den abgebildeten Vorgang.

Modell eines doppelten Baggerwerks („Paternosterwerk“) auf Rädern, gefertigt von Nicolaus Bogislais von Ciechanski, 1723 Herkunft: I. Physikalisches Institut der Universität Göttingen

Schreibinstrumente

Mit der Hand lernen wir, schriftlich zu kommunizieren. Schriftsprache ist ein Code, der Wissen festhält, den die Augen und das Gehirn als solchen erkennen und lesen können.

mit Silberdeckel und Federhalter aus dem Besitz der Familie von Schlözer, 19. Jahrhundert. Herkunft: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Schlözer-Stiftung

Nase und Mund

Über das Riechen und Schmecken sammeln wir Erfahrungswissen. Wir nutzen es zum Beispiel, um die Qualität von Nahrungsmitteln zu prüfen. Wenn „etwas stinkt“ signalisiert unser Körper Alarmbereitschaft.

Kopf einer Kykladen-Gottheit (Gips mit weißem Farbauftrag, Entstehungszeit: unbekannt) Herkunft: Sammlung Heinz Kirchhoff: Symbole des Weiblichen

Ohren

Das Gehör erkennt die Stimmigkeit von Klängen, vom Instrumentenbau bis zur Motorenreparatur beim Auto. Es unterstützt auch Gleichgewicht und Raumgefühl.

Gehörorgan, ca. 3fach vergrößert (Somso-Plast, Fa. Somso, ca. 2008) Herkunft: Anatomie/ Emryologie der Georg-August-Universität Göttingen

Lexikon

Seit zweitausend Jahren versuchen wir, das beständig wachsende Wissen zu ordnen und in Nachschlagewerken griffbereit zu halten.

Propyläen-Kunstgeschichte in 14 Bänden, Berlin: Propyläen Verlag, 1923-1944. Herkunft: Zentrale Kustodie

Hand

Die Hand begreift die Beschaffenheit von Materialien und Gegenständen und lernt, sie ohne und mit Werkzeugen zu formen und zu nutzen.

Modelliert von Horst Schneider (Stuckateurmeister und Restaurator im Stuckateurhandwerk, „nebenbei“ in einem Modellierkurs für angehende Restauratoren hergestellt). Herkunft: Privatbesitz Jochen Siebert